die sonne im wasser zufällig großzügig

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[[deadline:2025-03-31 24:00:00]]

Wettbewerb im März 2025

Diesen Monat dreht sich bei lyrix alles um das Vergleichen! Im März suchen wir eure aufregenden und überraschenden Vergleiche, die uns zum Nachdenken anregen, eine neue Perspektive eröffnen oder besonders kreativ sind – und das natürlich in Gedichtform.

Bei dem Thema „Vergleiche und Gedichte“ denken wir nicht selten als erstes an Klausuraufgaben wie „Arbeite die Stilmittel dieses Gedichts heraus“ – Fragestellungen, die wahrscheinlich nicht immer unmittelbare Freude in uns hervorrufen. Wir wollen mit euch gemeinsam den Spaß an der sprachlichen Form des Vergleichs entdecken, indem wir eure ganz eigenen, ungewöhnlichen Vergleiche suchen und damit vielleicht einmal anderen Leser*innen Ähnlichkeiten oder Unterschiede zeigen, auf die sie noch nie gekommen sein mögen.

Dass in der Lyrik besonders gerne und oft verglichen wird, ist kein Geheimnis. Gedichte zeigen uns häufig Vergleiche und bildhafte Beschreibungen, die wir so noch nie gehört oder gelesen haben und die uns die Welt mit anderen Augen wahrnehmen lassen. Gedanken, Gefühle, Konzepte – dies alles wird in lyrischen Texten oft auf einprägsame Art bildlich vermittelt. Habt ihr euch die Sonne zum Beispiel schon einmal als großzügiges Wesen vorgestellt? So wird sie in dem Gedicht „DIE BÜHNE“ der Lyrikerin Inger Christensen beschrieben, das wir euch weiter unten zeigen. Auch wenn wir die Sonne selbst noch nicht großzügig genannt haben, können wir wahrscheinlich alle unmittelbar nachvollziehen, warum Inger Christensen es getan hat, und fragen uns vielleicht, warum wir selbst noch nicht auf diesen treffenden Vergleich gekommen sind.

Foto: iStock/Susann Stefanizen

Wie aber können wir selbst einen ungewöhnlichen Vergleich finden, um ihn in Gedichtform festzuhalten? Eine Möglichkeit möchten wir euch im Folgenden vorstellen: Habt ihr schon einmal probiert, mit euren Gedanken in Dinge, Personen, Gedanken herein- oder aus ihnen herauszuzoomen? Wenn wir uns Schicht für Schicht in etwas hinein- und hinausdenken, entdecken wir vielleicht Ähnlichkeiten oder Unterschiede, die wir vorher noch nie gesehen haben. Ein eindrückliches Beispiel für dieses Zoomen zeigen wir euch rechts: Dort seht ihr die erstaunliche Ähnlichkeit von Städten und Nervenzellen im Gehirn. Vergleicht man Aufnahmen von nächtlichen Städten aus dem Weltall mit fluoreszierenden Mikroskop-Aufnahmen von Neuronen, kann man fast nicht auseinanderhalten, welches Bild herausgezoomt und welches hereingezoomt ist. Eine ganze Reihe philosophischer Fragestellungen ließe sich hier anschließen. Vielleicht hat ja die*der ein*e oder andere Lust, diesem Vergleich ihr*sein Gedicht zu widmen?

Findet diesen Monat einen Vergleich, den ihr besonders spannend oder ungewöhnlich findet, und stellt ihn in den Mittelpunkt eures Gedichts. Ihr könnt dabei einen direkten Vergleich wählen und Dinge, Personen, Gedanken oder Gefühle mithilfe von „wie“ oder „als“ in Beziehung setzen, ihr könnt den Vergleich aber auch verkürzen und diese Verbindungswörter weglassen. Wer Lust hat, kann gern die verblüffende Ähnlichkeit zwischen menschlichen Städten und Neuronen weiterführen. Dies ist aber natürlich kein Muss. In euren poetischen Vergleichen seid ihr ganz frei. Wir freuen uns auf eure Gedichte und wünschen euch viel Spaß mit dem Thema „die sonne im wasser zufällig großzügig“!

DIE BÜHNE                                                                variabilitäten

Inger Christensen

5

Meine welt ist diskontinuierlich
                        im verhältnis zur welt im großen
                        und im verhältnis zu dir
                        sie hat flügel
Meine welt ist eine sprache durch wasser
                        mit den leuchtenden nerven verteilt
                        wie wenn die sonne im wasser zufällig großzügig
                        Dennoch hat sie flügel

                        Flügel aus wasser

Und ich will dir sagen daß es eine gewisse wirkung hat
            es hat eine gewisse prickelnde wirkung
            ein jubel über den mangel an ursache
            Spring sagt die welt und ich fliege

So ertränke ich meine welt in der welt

aus: Inger Christensen, det / das.
Übersetzt aus dem Dänischen von Hanns Grössel.
Kleinheinrich Verlag, Münster 2002

Über die Lyrikerin

Inger Christensen (1935–2009) war eine dänische Schriftstellerin und zählt zu den bedeutendsten Dichterinnen des 20. Jahrhunderts.

Nach einer Ausbildung zur Volksschullehrerin studierte sie Medizin, Chemie und Mathematik an der Universität Kopenhagen und arbeitete einige Jahre an einer Kunsthochschule.

Inger Christensen, Foto: Johannes Jansson/norden.org, CC BY 2.5 dk

Im Jahr 1962 debütierte sie mit dem Gedichtband Lys (dt. Licht), 1969 veröffentlichte sie eines ihrer Hauptwerke: den Gedichtzyklus Det (dt. Das). Der Gedichtband Alfabet (dt. Alphabet) erschien 1988 und gilt als ihr zweites Hauptwerk. Daneben erschienen von ihr weitere Gedichtbände und eine Vielzahl von anderen literarischen Arbeiten, darunter zwei Romane, Kinder- und Jugendbücher, Theaterstücke, Hörspiele und zahlreiche Essays, davon viele auch in deutscher Übersetzung, so etwa im Jahr 2000 der Essayband Der Geheimniszustand und Gedicht vom Tod.

Inger Christensen war Mitglied der Dänischen Akademie, der Europäischen Akademie für Poesie und seit 2001 der Akademie der Künste in Berlin. In deutscher Sprache erschienen ihre Bücher in der Übersetzung von Hanns Grössel, zumeist als bilinguale Ausgaben, im Münsteraner Kleinheinrich Verlag.  

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