die zukunft und alles was war
Die Jury hat entschieden!
Die Gewinner*innen werden bald bekannt gegeben.
Die Jury hat entschieden!
Wettbewerb im März 2021
Mit echten und falschen Bildern startet lyrix in den Frühling. Im März stellt euch Anja Kampmann ihr Gedicht “in meiner klasse” vor. Es geht um die Zukunft, das Großwerden und Bilder, die wir uns in diesem Zusammenhang machen: von uns selbst, aber auch von anderen. Welche sind echt, welche nur konstruiert? Steht mir die Welt genau so offen, wie dem- oder derjenigen, die vermeintlich viel mehr Ahnung hat als ich, viel cooler ist, mehr Freundinnen und Freunde hat? Schickt uns eure Gedichte zum Thema “die zukunft und alles was war”! Viel Spaß beim Schreiben!
in meiner klasse
in meiner klasse sitzt der sohn des schweinebauern
es saßen andere söhne. viele hatten acker, rüben
eine schwäche für feuerlöschen, oder schreckschuss
dennoch: die apfelbäume blühten
die nächte noch kühl
so auch das bier die mädchen die süßen
parfum vanille im dunkeln
die apfelbäume blühten flächen gähnten
unter niedrigem ersten korn
die söhne im feuchten gras
verstanden sich und auch die nacht
etwas das man umgraben konnte: flächen
die mädchen die zukunft und alles
was war. das lachen sollte klingen
wie das gegenteil von weinen
das gegenteil von zaghaft oder heulen
im stroh hinter der scheune. von küssen
war die rede aber die rede
schloss keinen von uns ein.
Anja Kampmann, der hund ist immer hungrig
(c) 2021 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München
Da liegt sie vor einem, die Zukunft. Groß und abstrakt. Steht uns die Welt wirklich offen oder sind es nur die anderen, die Coolen, die Lauten, die Reichen, die den Durchblick und alle Möglichkeiten haben? Anja Kampmanns Gedicht „in meiner klasse“ handelt vom Großwerden und berührt genau diese Fragen. Welche Gruppen bilden sich in einer Klasse? Welche Hobbies sind gerade in, welche out? Wer hat schon Ahnung? Vom Küssen, vom Biertrinken, von allem, was kommt? Wer gibt nur vor, etwas zu sein? Welche Bilder sind echt, welche nur konstruiert?
thispersondoesnotexist.com
Großwerden ist mit vielen Unsicherheiten verbunden. Wir versuchen, uns ein Bild von uns selbst zu machen und sehen oft doch nur zusammenhangslose Bruchstücke vieler Einzelbilder. Und auch bei anderen, den vermeintlich Coolen, die alles haben, können wir nicht wissen, ob das Bild, das wir uns von ihnen gemacht haben echt oder nur konstruiert ist. Vielleicht kämpfen wir alle mit denselben Unsicherheiten?
Passend zu der Frage „Welche Bilder sind echt, welche nicht?“ stellen wir euch im März ergänzend zu Anja Kampmanns Gedicht eine Website vor: thispersondoesnotexist.com. Ihr seht dort bei jedem Aufruf das Foto einer anderen Person, die in Wirklichkeit aber überhaupt nicht existiert, sondern mit einer künstlichen Intelligenz erzeugt wurde. Wirkt unheimlich echt, ist es aber eben nicht. Vielleicht eine zusätzliche Inspirationsquelle für eure Texte?
Schreibt uns von der Zukunft und vom Großwerden! Dichtet ein „in meiner klasse“. Wer hat vermeintlich Ahnung? Wem steht die Welt offen? Wer ist in, wer ist out? Welche Bilder sind echt, welche vielleicht nur konstruiert? Wir freuen uns auf eure Einsendungen im März!
Videos
Lesung Gedicht und Schreibimpulse
von und mit Anja Kampmann
Downloads
Unterrichtsmaterialien
Anja Kampmann
Geboren 1983 in Hamburg, studierte an der Universität Leipzig und am Deutschen Literaturinstitut. 2011 war sie Stipendiatin des International Writing Program Iowa, danach Beginn einer Dissertation zu Samuel Becketts später Prosa (Musikalität & Stille) sowie Arbeiten für den Rundfunk. MDR Literaturpreis 2013, Wolfgang Weyrauch Förderpreis 2015. Im Jahr 2016 erschien der erste Gedichtband „Proben von Stein und Licht“ in der Edition Lyrik Kabinett bei Hanser, 2017 folgte ein Band mit Prosaminiaturen „Fischdiebe“ in einer bibliophilen Edition von 100 Exemplaren. 2018 erschien der Roman „Wie hoch die Wasser steigen“ ebenfalls bei Hanser, der Roman wurde für den Preis der Leipziger Buchmesse und den Deutschen Buchpreis nominiert. Die Autorin erhielt dafür den Mara-Cassens-Preis für das beste Romandebüt 2019, den Förderpreis Literatur der Stadt Lüneburg, den Lessing Förderpreis des Freistaates Sachsen 2019. Ihre Gedichte und der Roman werden in mehrere Sprachen übersetzt. Im Jahr 2019/2020 ist sie Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim. Mit „High as the Waters Rise“, der Übersetzung von Wie hoch die Wasser steigen, war sie Finalistin des National Book Awards in den USA. 2020 Rainer Malkowski Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. 2021 erscheint ihr zweiter Gedichtband, „der hund ist immer hungrig“, bei Hanser.