tiefsinnigeres wurzelgemüse
Die Jury hat entschieden!
Die Gewinner*innen werden bald bekannt gegeben.
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[[deadline:2022-03-31 24:00:00]]
Wettbewerb im März 2022
„tiefsinnigeres wurzelgemüse“: Diesen Monat geht es bei lyrix nicht um einen nachdenklichen Eintopf, sondern um das menschliche Gedächtnis, das ähnlich wie ein Baum oder eine Pflanze verwurzelt, verästelt, verzweigt ist und immer weiter wuchert. Wie funktionieren Erinnerungen? Schickt uns im März eure Gedichte rund um das Thema Gedächtnis! Inspiration gibt es von einem Textausschnitt aus dem Gedichtband „vom wuchern“ von Tim Holland und von einem Dokumentarfilm über den Hirnforscher Eric Kandel. Wir freuen uns auf eure Texte und wünschen euch viel Spaß beim Erinnern, Verwurzeln und Wuchernlassen!
Woraus sind Erinnerungen? Manche Momente brennen sich ins Gedächtnis, man erzählt sich unter Freund*innen oder der Familie immer wieder davon: der erste Kuss, der Sommerurlaub damals am Meer, ein großer Streit, der erste Schultag. Dann gibt es auch die leisen, unscharfen Erinnerungen: ein Geruch, der ein ganz bestimmtes Gefühl auslöst, oder eine Situation, die uns scheint, als hätten wir sie schon einmal erlebt. Auch trügen kann uns das Gedächtnis: Wir schreiben unsere eigene Lebensgeschichte durch unsere Erinnerungen immer wieder neu. War das damals wirklich so oder haben wir uns den Moment vielleicht selbst in unserem Gehirn neu „bearbeitet“?
Das menschliche Gehirn ist sehr komplex und noch immer schwierig zu untersuchen. Jemand, der sich seit Jahrzehnten der Erforschung widmet, ist der Nobelpreisträger Eric Kandel. Wenn ihr noch mehr über das Gedächtnis und die Entwicklung von Psychologie und Neurowissenschaften, aber auch über das beeindruckende Leben von Eric Kandel, erfahren möchtet, empfehlen wir euch den Dokumentarfilm „Auf der Suche nach dem Gedächtnis“ der Regisseurin Petra Seeger. Für einen ersten Eindruck haben wir euch hier den Trailer verlinkt.
Einen lyrischen Blick auf das Gedächtnis wirft der Textausschnitt aus dem Gedichtband „vom wuchern“ von Tim Holland, den wir euch diesen Monat als Ausgangspunkt unseres Monatsthemas vorstellen möchten. Das Besondere an ihm ist, dass er gar nicht aus einem Buch im eigentlichen Sinne stammt, sondern auf eine Art Landkarte voller verzweigter und verästelter Texte gedruckt ist, die sich ähnlich wie Erinnerungen aufeinander beziehen, sich bedingen, nicht losgelöst zu betrachten sind. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Entstehungsprozess der Text-Karte: Sie entstand aus einer Zettelsammlung von Worten, Ideen und Sätzen, die von Tim Hollands Schreibtisch aus über den Boden seine Wände hinaufwuchs. Links könnt ihr den von uns ausgewählten Textausschnitt auf der Karte sehen, Tim Holland zeigt euch seine gesamte Text-Karte auch in seinem Video, das ihr weiter unten anschauen könnt.
Denkt an eine ganz bestimmte Erinnerung, die für euch besonders wichtig, einschneidend, wertvoll, schmerzhaft oder freudig ist. Sammelt alle Wörter, die euch im Zusammenhang mit dieser Erinnerung einfallen. Ordnet diese Ideen und Bruchstücke zu einem Gedicht an. Nutzt hierfür den gesamten Platz auf der Seite oder im Schreibdokument, der euch zur Verfügung steht. Wir sind gespannt auf euer Erinnerungsgedicht!
Tim Holland
gedächtnis, das sich als kletterpflanze dachte,
bevor es das winden und schlingen leid war,
nur noch tiefsinnigeres wurzelgemüse
sein mochte, gefallen wollte
Textausschnitt aus:
Tim Holland, „vom wuchern“, Gutleut Verlag, Frankfurt am Main und Weimar (2016)
Weiterführende Informationen
Tim Holland
Geboren 1987 in Tübingen, studierte nach einer Ausbildung zum Buchhändler am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Im Frühjahr 2016 erschien sein Debüt „vom wuchern” im Gutleut Verlag, Frankfurt am Main, das vom Literaturhaus Berlin als einer der „Gedichtbände des Jahres 2016“ gewürdigt wurde. Seit 2017 führt er zusammen mit Tristan Marquardt und Hannes Munzinger den hochroth Verlag München. Zuletzt wurde ein Auszug aus seinen Naturerkundungen einer nahen Zukunft unter dem Titel „wir häufen erde auf“ mit dem Stipendium des Deutschen Preis für Nature Writing ausgezeichnet (2020). 2021 erhielt er ein Recherchestipendium der Stadt Berlin.