Spiegelgesichter
Die Jury hat entschieden!
Die Gewinner*innen werden bald bekannt gegeben.
Die Jury hat entschieden!
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[[deadline:2021-11-30 24:00:00]]
Wettbewerb im November 2021
Neu bei lyrix: Ab sofort gibt es jeden Monat gleich zwei Monatsthemen, eins für 10- bis 14-Jährige und eins für 15 – 20-Jährige. Die Einsendungen werden separat bewertet und künftig präsentieren wir euch zu jedem Thema nicht mehr 6, sondern 12 Monatsgewinner*innen – 6 aus jeder Altersgruppe!
Hier seid ihr beim aktuellen Monatsthema für alle 10- bis 14-Jährigen! Es heißt “Spiegelgesichter” und beschäftigt sich mit der Frage: Wie wäre es, nicht nur in euer Spiegelbild, sondern in eine gealterte Version eures Gesichts zu blicken, so wie es Gesichter-Apps möglich machen.
Kennt ihr diesen merkwürdigen Moment der Selbstbetrachtung, wenn man ein Selfie aufnimmt? Man beobachtet sich zunächst in Echtzeit, richtet seine Armhaltung, den Winkel des Handgelenks am Erscheinen des eigenen Gesichts auf dem Display ein. Und wenn es geschossen ist und man sich auf dem Foto betrachtet, treffen sich wirklich zwei Augenpaare und legen sich ineinander: die gleichen Augen, aber nicht dieselben. Ob wir uns deshalb so gerne verfremden, wenn wir unsere Selfies veröffentlichen, uns Perücken aufsetzen, Zombiefilter benutzen oder uns Tiernasen geben? Damit wir Distanz bringen zwischen uns und unser Spiegelbild, die Möglichkeit unseres Angesichts erweitern?
Die datenschutzrechtlich bedenkliche FaceApp, aber auch ihre vielen Alternativen wie FaceU, bieten eine Erweiterung, die so spekulativ wie unheimlich ist: Das Alternlassen des eigenen Gesichts. Anhand eines Selfies blicken wir in unsere Zukunft, gewöhnen uns an graue Haare und Falten, spekulieren, mit welchen Freund*innen wir an welchem See die Rente genießen, fragen uns, ob es Renten und Seen dann überhaupt noch geben wird. Wenn das Selfie unser momentanes Gesicht beglaubigt, erinnert uns die Altersfunktion von FaceU daran, unser Gesicht jetzt in die Welt zu stellen. Oder was lösen diese Porträts in euch aus?
Der Ausgangspunkt für unser aktuelles Monatsthema „Spiegelgesichter“ ist das untenstehende Gedicht von Sandra Burkhardt. Hier wird beschrieben, wie jemand sein Spiegelbild auf einer Wasseroberfläche betrachtet: „beide Augenpaare treffen sich, legen sich ineinander, / um durch sich hindurch nur noch den anderen zu sehen.“ Wie lässt sich das in Zusammenhang mit den Gesichter-Apps bringen?
Wir freuen uns im November auf eure Einsendungen zum Thema „Spiegelgesichter“! Was macht es mit euch, wenn ihr euer Spiegelbild betrachtet oder ein Selfie von euch anschaut? Blickt ihr so mit mehr Distanz auf euch? Lässt sich so vielleicht sogar ein Blick in die Zukunft wagen? Stellt euch vor, ihr blickt in euer per App künstlich gealtertes Gesicht: Was würdet ihr ihm sagen? Was sagt es euch?
Auszug aus dem Zyklus „So Augenweide Achsen“
Sandra Burkhardt
Dann eilt bei jedem Tritt ein Klick-Klack den Schritten voraus
bis vors Bassin, auf dessen Fläche man blickt. Mit treibenden
Blättern belegt erscheint das eigene Gesicht und neigt es sich,
bleibt es doch platt, als habe man die Tiefe abgeworfen.
Dem nicht genug, aus ihr lockt etwas einen Fisch
und beide Augenpaare treffen sich, legen sich ineinander,
um durch sich hindurch nur noch den anderen zu sehen.
Aus welcher Richtung ist das Bild nun zu betrachten, um
nicht bloß Schicht um Schicht sichtbar zu machen? Denn auch
vom Grund aus gesehen, legt sich Wasser als Hülle um alles.
aus: Sandra Burkhardt, „wer A sagt“, gutleut Verlag 2018.
Weiterführende Informationen
Sandra Burkhardt
wurde 1992 in Laupheim geboren und studierte Kunstgeschichte und Literarisches Schreiben in Karlsruhe und Leipzig. Sie lebt derzeit in Berlin. 2016 war sie Preisträgerin für Lyrik beim 24. Open Mike in Berlin, 2021 »Zwei Raben«-Stipendiatin im Ubbelohde-Haus sowie Literaturstipendiatin der Kulturstiftung Baden-Württemberg. Ihr Debutband Wer A sagt erschien 2018 im Gutleut Verlag, 2019 war sie mit ihm bei den Lyrikempfehlungen vertreten. In den Texten des Bandes beschäftigt sie sich mit dem Thema des Ornaments und erkundet, wie sprachliche Zugriffe auf visuelle Phänomene funktionieren und aussehen könnten, welche Defizite und Überschüsse dabei entstehen. Das Ornament wird zum Gegenstand von Betrachtungen, die zwischen Lyrik und Prosa changieren und nach dem Verhältnis von Freiheit und Determination ebenso fragen wie nach der Produktion von Sinn.