I gesichtslos sein 
ich gehe jede woche ins kino und nenne es lebenserhaltungskosten 
versuche eine sprache zu finden für die dinge, die mich nachts umtreiben und die, 
die mich verstummen lassen, 
fürs gesichtslos sein. 
ernähre mich von salzablagerungen 
im marianengraben 
im ICE isst jemand eine mandarine, 
während ich an zuhause denke. 
das leben ist nicht disponibel. 
ich verrate niemandem: 
hinter meinen augenlidern ist noch ein negatives nachbild eingebrannt 
wie er auf der fensterbank sitzt  
und nach draußen raucht. 
ich denke an ihn auf dieselbe art 
wie ein blutender seine hand auf die wunde legt 

II sonnenwende 
in meinem schlafzimmer zwei marienkäfer an den wänden, höre das surren ihrer flügel, versuche 
nicht esoterisch zu werden. 
es ist dezember und niemand sagt  
mir ich wäre schön 
aber der winter ist nicht allzu kalt. 
überlege meinen tod vorzutäuschen 
das land zu verlassen 
nachts träume ich von den zypressen der toskana. 
ich schreibe über ihn auf dieselbe art, wie man schorf von wunden kratzt 
aber seit das datum der wintersonnenwende in meinem kalender steht, erinnere ich mich nicht mehr 
an sein lachen 
irgendwo ist gerade sommer. 
du musst ihn nie wieder sehen, sagst du 

III frische orangen aus kalabrien 
nächstes jahr werde ich mich nicht mehr umdrehen. 
zu neujahr überschreibe ich alte erinnerungen mit der farbe von zuhause. 
in der großstadt: 
„frische orangen aus kalabrien 8kg/20€“ 
bohre meine fingerkuppen ins fruchtfleisch 
ich denke jeden tag an blühende zitrusfrüchte. 
eines tages wird die sonne zurückkommen.  
ich finde trost in deinen atemzügen 
und in den dingen, das ich mit fester stimme aussprechen kann 
nächstes jahr werde ich das land verlassen 
und dir in postkarten von der stille erzählen,  
und der gänsehaut am morgen.  
von dir habe ich alles gelernt. 
du kratzt mir sein nachbild  
von der netzhaut 
und schreibst an dessen stelle 
tout ira bien 
in der farbe von frischen orangen