Unsere Gewinner*innen im Dezember 2024
Wettbewerb im Dezember 2024
Wasser der Welt!
Nico Bihlmayr
2014
Geh ins Hallenbad.
Setze dich auf den Startblock von Bahn 3.
Auf die Bahn deines persönlichen 50m-Kraul-Rekords.
Massiere die Kammern in deinem Herzen, die dir weh tun, seit du denken kannst.
Und jetzt die Kammern, die du verschlossen hast.
Setze Schwimmbrille und Badekappe auf.
Singe:
Wasser der Welt.
Schlage Wellen.
Bringe Bernstein.
Trage dies weg: Wochen ohne Schwimmen.
Trage dies weg: Wochen ohne Schreiben.
Trage dies weg. Die Nervigkeit meiner Klassenkameradin M.
Trage dies weg: M.s Klassensprecheramt
Bewirke dies: offene Ohren für meine Gedichte
Bewirke dies: Spiel und Spaß in jeder Schulstunde
Bewirke dies: offene Telefonzellen
Halte dies fest: die Unordnung in meinem Zimmer.
Halte dies fest: die Unordnung in unserer kompletten Wohnung.
Halte dies fest: die Erinnerungen von 7000 Kindern, die in meiner Schule gespeichert sind.
Halte dies fest: die Erinnerungen an Erwin, meinen Opa. Sie sind das Einzige, was ich
noch von ihm habe.
Halte dies fest: Mein Zuhause. Bis auf das Loch in der Wand.
Ich dachte, ich hätte mehr Wünsche.
Wünsch mir Boni für Spirelli – 202⅘ – Zeit läuft und so weiter
Charlotte Jelinek
2011
Sprech die Zauberformel:
Nox Animi Revelare
Steh auf
Zieh dich an
Komm mit
Komm lass dich aus
Zieh auf
Geh raus
Offenbare dich
Und komm
Offenbare dich
Oh this can’t be real
You’re right
Chronos wispert
Whisper Whisper
Wünsch ich mir doch
Es würde verstummen
Chronos geht und bleibt nicht
Der Wunschweber
Der Wünsche webt
Webt meinen Wunsch
Komm schon
Abrarabersinndubistdumm
Der alte Lack der Dinge blättert
Und versinkt in Blätterteig
Zehn Sekunden Feuerwerk
Don’t wake up the past
Wake up the future
Ein Wunsch.
Paulina M
2010
Stab schwingt, spricht Wünsche
Veränderung.
Ich wünsch mir Heilung
Das ist mein Wunsch
Erhöret ihn
Heilung von allem
Wie ein Pflaster auf Wunden
Risse in der Seele
Erschaffen durch Monster
Wird heilen durch Liebe
Vergebung
Und Schmerz
Denn Schmerz heißt Heilung.
Verständnis.
Ich wünsch mir Klarheit
Klarheit im Kopf
Aus Sturm im Schädel
Werd ein neues
Leer und unbeschrieben
Das wird nicht werden
Ich weiß
All das, was nun mal geschah
Gespeichert auf Festplatten
Tief verankert in Strängen des menschlichen Hirnorgans
Ich werd´ es nicht ändern können
Nur lernen.
Verständnis.
Ich wünsch mir Menschen
Oder diesen einen Menschen
Dass die Blicke sich wenden
Und das Mädchen sehen
Nein
Das Mich
Mich mit allem was ich bin und war
Denn man kann sich ungesehen fühlen
In einem Pulk voller Menschen
In einer Freundesgruppe
Wenn niemand weiß von deinem Problem
So wird die Seele langsam zerdrückt
Platzt fast von innen
Du bist schuld!
Herrschen die Stimmen…
Freiheit.
Ich wünsch mir zu entkommen
Nein nicht entkommen
Zu besiegen
Mit Zepter, Krone
Bald zu stehen
Über diesem schwierigen Jahr
Das Kinn gehoben
Trockene Tränen
kleben da
Nie mehr beengt in meiner Lunge
Alle Tropfen sind gefallen
Muss nichts mehr behalten in mir
Die Angst bald nur als Märchen galt.
Verstecken.
Ich wünsch mir alles fall´n zu lassen
Den tiefschwarzen
Nicht nachtschwarz
Sondern mattschwarzen
Umhang
Wie er über den Schultern hängt (schwer)
Tag für Tag
Bau ich nen Turm
Doch brechen Steine auseinander
Wann hält er endlich
Frag ich mich
Streif ich ab die Kapuze
Wie sie mich doch so gut versteckt
Ich will nicht immer Lügner spielen
Rollenkarte wird getauscht
Ist alles gut?
Ja! Bei dir auch?
Vergebung.
Ich wünsch mir Seelenfrieden
Sodass Geist und Körper sich entspannen
Wie weiße Tauben
So puderweiß
Umfliegen die Kirchen
Auf dass alles einkehrt was war
herausgefallen
In dem Fall gezwungen
Wer versteht, der versteht…
Doch die Zeit kennt kein Zurück
Emma Reber
2013
In den Bergen, es schneit,
die roten Gipfel,
das Meer versinkt im Abendrot.
Die Zeit vergeht, der Wind verweht,
was man hat –
vergeht.
Doch würde ich mir wünschen,
dass alles bleibt,
es vergeht –
weit und breit.
Die Zeit bleibt stehen,
das Sandkorn fällt.
Obwohl man es hält,
es fällt
es fällt.
Die süße Blume im Wind,
weht hin und her
bevor sie verschwind.
Wenn die Welt vergeht,
wenn alles fällt,
wo bleibt der Held der Welt?
Die Tiere, sie schwächeln
die Pflanzen, die Menschen,
überall kämpfen,
in der Welt.
Zwischen uns
ist eine Schlucht – unüberwindbar
und ohne Brücke.
Es zerfällt, was mich hält.
Von Hell zu Dunkel, von Tag zu Nacht
alles, was ich hab, alles was ich hatte,
auf der Welt,
alles was mich hält, zerfällt.
Ich wünschte, es wär alles wie früher,
mein einziger Wunsch.
Doch die Zeit kennt kein Zurück.
Auf das, dass die Segel hissen
Jonas Vogel
2012
Lade das, was verbleiben soll, auf dein Schiff.
Lege dich auf den Sitzsack.
Schließe deine Augen.
Stelle deine Sinne ab und konzentriere dich auf die eine Sache.
11 Kisten lad ich ein.
Kiste. Als Kind kinden.
Kiste. Freundesreiche Freundschaft.
Kiste. Verlernen verlernen.
Kiste. Glück beglücken.
Kiste. Freundliche Freundlichkeit.
Kiste. Zusammen zusammenbleiben.
Kiste. Spaß bespaßen.
Kiste. Gleichgültige Gleichgültigkeit.
Kiste. Genuss genießen.
Kiste. Vollkommene Vollkommenheit.
Kiste. Sichere Sicherheit.
Auf das, dass die Segel hissen.
Die Vorm-Vorbei-Zeichnung
Carla Westendorf
2010
Werft weg!
Seid kalt wie die Steine,
ignoriert den leeren Platz,
den Teller mit dem Foto und das Bild mit dem Baum,
in der Stube vorm Weihnachtszimmer.
Den Flur ohne Rollstuhl,
verschenkt die Zeichnung vom letzten Mal vorm Vorbei.
Bestuhlt den Platz,
so sollt ihr den grässlichen Sommer 2024
und kranken Winter vergessen.
Klammert euch fest!
Bewahrt den Platz,
bleibt stehen vorm Baumbild und Fototeller,
lasst sie euch runterziehen,
all diese Texte und Lieder, signiert die letzte Vorm-Vorbei-Zeichnung,
verwahrt sie gut. Sonst wärt ihr undankbar!
Die eine soll wütend sein auf die Sommer-2024-Person,
die vorm Vorbei zu schnell loslassen wollte.
Lebt die Vergangenheit,
damit alles so bleibt,
wie es vorm Vorbei war.
Sie brauchen Balance.
Sie können hören,
loslassen oder festhalten,
klammern oder wegwerfen.
Oder
die letzte Vorm-Vorbei-Zeichnung nicht verschenken,
den Platz neu besetzen,
den Fototeller aufstellen und das Baumbild aufhängen,
den Sommer vergessen,
auf 2025 hoffen,
und die Balance zwischen Festhalten und Loslassen vermessen.