Unsere Gewinner*innen im Juni 2023

Wettbewerb im Juni 2023

Im Juni haben wir euch aufgerufen, uns ein Gedicht über eure absolute Leidenschaft zu schreiben. Was ist das eine Thema, Hobby, Interesse, das euch nicht mehr loslässt? Was sammelt ihr, was macht ihr jeden Tag, ohne was könnt ihr nicht leben?
Als Inspiration haben wir euch einen Ausschnitt aus dem Band „Bluets“ der Lyrikerin Maggie Nelson vorgestellt, in dem sie ihre Leidenschaft für die Farbe Blau in allen Facetten beschreibt.

Wir danken euch allen für eure „leidenschaftlichen“ Gedichte und gratulieren den sechs gekürten Monatsgewinner:innen
Negin Bashirazad, Yuhan Chen, Tabea Liß, Skylar Rath, Freya Werner und Finja Zech! In den Gewinner*innen-Texten habt ihr eure Liebe zur Musik bedichtet, „Als wäre ich selbst ein Instrument“, ihr habt geschrieben, dass Ballett euch glücklich macht, „egal wo, egal wann“ oder ihr „jeden Tag“ Bücher über griechische Mythologie lest, und eine von euch ist im Wasser so in ihrem Element, dass sie das Gefühl im Wasser zu sein „in diese komischen Infusionsbeutel abfüllen […] und über eine Nadel direkt in [ihr] Blut laufen lassen [möchte]“. Viel Spaß beim Lesen der vollständigen Texte!

Ballett, meine Leidenschaft

Negin Bashirazad
2010

Ballett war schon immer meine Leidenschaft.
Wenn es mir schlecht geht, gibt es mir Kraft.
Seitdem ich zwei war, liebte ich Ballett,
ich lernte alle Bewegungen von A bis Z.
Schon früher wusste ich,
Ballett ist das Richtige für mich.

Es ist das Gefühl, das für mich zählt.
Deshalb habe ich Ballett gewählt.
Wenn ich tanze, fühl ich mich geborgen.
Es ist wie eine Pause von allen Sorgen.
Dieses Gefühl meine ich.
Ballett ist das Richtige für mich.

Tanzen macht mich einfach glücklich.
Egal wo, egal wann.
Ja, ich würde immer tanzen,
weil es das ist, was ich kann.
Deshalb weiß ich sicherlich.
Ballett ist das Richtige für mich.

Ballett ist oft wie ein Konflikt,
weil du immer denkst, du bist nicht gut genug.
Natürlich ist man nicht immer geschickt,
der Druck perfekt zu sein und der Frust, wenn du etwas falsch machst, tut einfach nicht gut.
Manchmal weiß ich es einfach nicht.
Ist Ballett das Richtige für mich?

Trotz dieser Schwierigkeit weiß ich genau,
Ballett ist das, was ich brauch.
Es ist, was ich liebe, es ist mein Leben,
für Ballett werde ich alles geben.
Dadurch frage ich mich nicht.
Ballett ist das Richtige für mich.

Griechische Mythologie – mein Vorbild

Yuhan Chen
2010

Griechische Mythologie ist, was ich mag,
Bücher über sie les’ ich jeden Tag.
Geschichten über Götter, Ungeheuer oder Helden,
Sie spielen ihre Aufgabe in ihren Welten.

Poseidon, der über die Meere herrscht,
oder sein Bruder, Zeus, der als Götterkönig, alle unterwirft.
Athene, die Lösungen zu allem hat,
als Lieblingstochter des Zeus, genießt sie Macht.

Hera, Gattin des Zeus und im Olymp die Königin,
Apollo fährt im Sonnenwagen dahin.
Nemesis verbreitet die Zwietracht,
Pan, der Wälder und Wiesen bewacht.

Als Mondgöttin ist Artemis bekannt,
aber auch Selene wurde zur Wächterin ernannt.
Hermes, der Botschaften der Götter überbringt,
Pandoras Gift, das sich um Sterbliche schlingt.

Als lebendige Figuren werden sie dargestellt,
in keiner Geschichte werden sie verstellt.
Narzisstisch, arrogant und stur zeichnen sie sich aus,
aber ich mach mir da nichts draus.

So sind die griechischen Wesen nicht fehlerlos,
Perfektionen werden bedeutungslos.
Egal, ob Gott, Held, oder Person
jeder hat seinen persönlichen Unterton.

Hera, die auf eine unschuldige Frau Zorn harrt,
weil Zeus auf seine Unschuld beharrt.
nichts soll er getan haben,
weil er sein Verbrechen wollte nicht zusagen.

Arachne wurde verdammt zur Spinne,
Athene hatte dies im Sinne.
Denn ein Wettkampf zwischen den beiden
lies Athenes Stolz sehr leiden.

Apollos Liebe auf Daphne traf,
was sie allerdings bestraft.
Sie floh so in den Wald hinein,
sie wurde zum Lorbeerbusch im Hain.

Bellerophon ritt hoch auf seinem Ross,
so er sich zum Flug zum Olymp entschloss.
Doch das sollte ihm den Tod scheren,
denn Zeus will keine Sterbliche ehren.

Pandora, die eine Büchse erhielt,
und ihre Neugier zum Bestand dazu überspielt.
Doch am Ende muss sie doch nachgeben,
so ließen sich Gift und Krankheiten ausleben.

Trauer, Bedauern und Fehler begegnen uns im Leben,
selbst Gottheiten und Helden können sich da nicht abheben.
Doch trotzdem sitzen sie hoch oben,
jeder möchte sich von ihnen loben.

Fehler machen sie allerlei, doch trotzdem wurden sie verehrt,
was uns die Unmöglichkeit der Perfektion lehrt.
Anders als ich, tun sie an sich glauben,
das will ich mir auch erlauben.

Wer zu lange abtaucht, ertrinkt

Tabea Liß
2008

Paddeln Wasser durchstechend zwischen Bäumen dahingleiten und Mücken verscheuchend das Kanu lenken. Mit wasserdichten Beuteln vor den Füßen und den Griff fest umklammert sich zurücklehnend  Baumstämmen ausweichen. Brennende Hände, die den Rand umklammern und über Wurzeln und Steine zum Ufer klettern.

Möchtest du vielleicht mal mitkommen? Ich hab noch einen Platz im Boot und einen in meinem Kopf. Aber pass auf, zieh bitte deine Schwimmweste an, nicht dass du untergehst. Halt dich gut fest, nicht dass der Sturm dich verweht. Die Strömungen reißen dich mit sich, Vorsicht, sonst reißen sie dich auseinander. Lass dich nicht treiben, du musst paddeln, sonst schwemmst du ab.

Stille. Wasser durchnässt den Stoff, umspielt Haut, bewegt Haare, gleitet zwischen meinen Fingern hindurch. Luftblasen steigen nach oben, drängen an die Oberfläche, platzen. Strömung zerrt an mir. Lässt meine Knie auf Steine schlagen, meine Arme in Bäumen verheddern, meine Füße auf Grund treffen. Mein Herz schlägt-schlägt-schlägt wieder, es ist so ganz.

Möchtest du vielleicht mal mitkommen? Ich hab noch einen Platz frei im Fluss und einen in meinem Herzen. Kanten werden deine Haut aufkratzen und deine Lippen werden blau zittern, dafür wird die Kälte schon sorgen. Vielleicht kommst du nicht mehr raus. Du musst gegen die Strömung schwimmen und mit Wassermassen kämpfen, riskierst du das?

Wellen überrollen Landmassen, Salzwasser durchnässt den Sand.  Auf dem Rücken liegend treibe ich ab, lasse mich treiben, lasse meine Gedanken treiben, gehe nicht unter. Seetang streift meine Beine und lässt mich erschrocken zurück. Es ist so mächtig, es könnte mich verschlingen.

Möchtest du vielleicht mal mitkommen? Ich hab noch einen Platz im Meer und einen in meinen Armen. Vergiss die Sonnencreme nicht, sonst verbrennst du dich, wirst verbrannt, bis deine Haut sich rosig abpellt und du drinnen bleibst. Lass dir von den Wellen nicht die Beine wegziehen, nicht den Boden unter den Füßen wegziehen, schwimm nicht zu weit raus. Schluck nicht zu viel Salzwasser, sonst wird dir schlecht, bauen wir eine Sandburg mit Wassergraben? 

Wenn du am Wasser bist, bist du immer viel glücklicher, sagt Mama. Und ich kann es spüren. Es ist, als könnte ich wieder atmen, obwohl ich vorher fast erstickt bin. Das Gefühl, von Wasser umgeben zu sein, ist so intensiv, ich möchte es in diese komischen Infusionsbeutel abfüllen, die aussehen wie durchsichtige Capri-Sonne auf den Kopf gestellt, und über eine Nadel direkt in mein Blut laufen lassen. Wenn das glücklich sein ist, bin ich süchtig und möchtest du vielleicht mal mitkommen?  Ich glaube wir brauchen beide eine Dosis glücklich sein.

Ein klarer Nebel zwischen den Zeilen

Skylar Rath
2009

Und die Sensibilität am Himmelszelt,
verliert sich in meinen Fingerspitzen,
so wie die Fäden, welche die Sterne unserer Galaxie Bilder malen lassen.
Zugegeben: Meine Pupillen zeigen dir den Weg zum Universum.
Ich bin ein lebloser Körper, gefangen in der Unendlichkeit,
der Unendlichkeit eines ungewissen Ortes.
Ich verliebte mich in das Unbekannte.
Wie ein trübes Meer voller Staub
beginnt, die Lust der Nacht zu verehren.
Die Schatten meiner Gedanken glänzen im Mondlicht,
ein Chaos aus Zuneigung und Angst gegenüber etwas,
vergleichbar mit den Narben auf meiner Haut.
Ein klarer Nebel zwischen den Zeilen meines Liebesgeständnisses.

Ein bisschen verrückt

Freya Werner
2008

Als ob ich verrückt wäre, 
denke ich mir, wenn ich nicht aufhören kann,
mit dem Kopf im Viervierteltakt mitzunicken.
Als wäre ich selbst ein Instrument
und wüsste bloß noch nicht welches.

Und als neulich ein paar f’s und viele d’s
von oben zu mir durch die Decke wehten,
zu ästhetischen Melodien aufblühten 
mit wunderschönen Blütenkelchen,
fand ich mich ein bisschen besessen.

Immer wenn man das Echo meiner Gedanken
in ein Klavier und eine Rocksängerin stopft,
fühle ich mich, als ob man mein Ich 
alphabethisch neu einsortieren und die
Bücherregale pedantisch säubern würde.

Schon damals, als ich verträumt dem 
sanften crescendo und decrescendo 
der Waschmaschine lauschte, 
dem fröhlichen Gegröle der Wäsche,
kam es mir vor, als ob ich verrückt wäre.

Die Weite des Alls

Finja Zech
2011

Das Schweigen der Nacht, so magisch wie noch nie.
Die eine Nacht, in der ich nicht schlafen kann.

Ich schau nach oben, was sehe ich da: einen Nachthimmel
wie kein anderer, mit funkelnden Lichtern bedeckt.

Hast du schon einmal drüber nachgedacht?
Wir alle tragen das Universum in uns.
Jetzt fragst du dich, wie kann das sein?
Die Galaxy so weit, doch so nah.
So unbekannt und unerforscht.

Hoch hinaus schießt die Rakete, tief hinein ins dunkle All.
Die Reise muss echt spannend sein.
So hoch wie man fliegt.
Höher als ein Luftballon, der durch den Himmel zieht.
Manchmal fühle ich mich auch so, als wär ich im Dunklen eingeschlossen.

Groß und Klein, keiner allein,
Millionen von Sternen sind im All daheim.
Vielleicht bin ich auch mal da oben und forsche mit
Als Astronautin, das muss echt cool sein.

Schreibe, um zu träumen.