Unsere Gewinner*innen im Februar 2022

Wettbewerb im Februar 2022

Herzlichen Glückwunsch! Hier sind die Gewinner*innen im Alter von 10 bis 14 zum Monatsthema „als hättest du es dir eben ausgedacht“! Wir gratulieren Nora Antonic, Leana Beeg, Banu Beinhauer, Hanna Christel, Tonda Montasser und Amelia Schober!

„Zwei Augen, / die glauben, zu wissen / wer ich bin“ // „Heimatboden, Heimatglück, / Und ihr ruft, ich soll zurück.“ // „Wenn ich meine Haare zeige, / richten sie über mich.“ // „Stereotypen in den Straßen, im Leben, / wollen als Wahrheiten / sich in meinen Versen verstecken.“ // – Dies sind Auszüge aus den Texten der sechs ausgewählten Monatsgedichte, die wir euch im Folgenden präsentieren. Sie alle haben unser Thema „als hättest du es dir eben ausgedacht“ als Ausgangspunkt genommen, sich dem Thema Alltagsrassismus auf ganz unterschiedliche, vielfältige Weise zu widmen. Was genau ist Alltagsrassismus für euch? Wie können wir ihm begegnen? Was sind eure Erfahrungen, Wünsche, Gedanken zu diesem Thema? Das haben wir euch im Februar gefragt. Anregung für das eigene Schreiben gab es von dem Gedicht „im juni brennen die felder“ der Lyrikerin Ronya Othmann und dem Projekt #wasihrnichtseht von Dominik Lucha.

Richtende

Nora Antonic
2007

Wenn ich meine Haare zeige,

                       richten sie über mich.

Wenn ich mein Lachen zeige,

                       richten sie über mich.

Wenn ich meine Sprache zeige,

                       richten sie über mich.

Wenn ich meine Haut zeige,

                       richten sie über mich.

Wenn ich meine Familie zeige,

                       richten sie über mich.

Wenn ich mein Zuhause zeige,

                       richten sie über mich.

Wenn ich mich zeige,

                       richten sie über mich. 

 

 

 

Wenn ich über sie richte,

                       bin ich gefährlich.

kopfsache

Leana Beeg
2009

alltagsrassismusalltagsrassismusalltagsrassismusalltagsrassismus

alltagsrassismusalltag    wenn du an-    ssismusalltagsrassismus

alltagsrassism    gesprochen wirst, nur weil  alltagsrassismus   

alltagsrassis    du anders aussiehst. wenn du    lltagsrassismus

alltagsrass    alles verloren hast und trotzdem    tagsrassismus 

alltagsrassis    nicht verstanden wirst. wenn    lltagsrassismus

alltagsras    du beleidigt wirst, nur weil du    lltagsrassismus

alltagsrassi    anders bist. wenn du für et-    alltagsrassismus

alltagsrassism    was gelobt wirst, für et    usalltagsrassismus

alltagsrassismusalltag    was, obwohl es    smusalltagsrassismus

alltagsrassismusallta    selbstverständlich    salltagsrassismus

alltagsrassismusalltags    ist. Wenn du dich    alltagsrassismus

alltagsrassismusalltag    ausgeschlossen fühlst.     gsrassismus

alltagsrassismusalltagsrassismusalltagsrassismusalltagsrassismus

Wenn ein Augenblick reicht

Banu Beinhauer
2008

Zwei Augen,
die mich streifen
Mich für einen kurzen Moment wahrnehmen
und genauso schnell,
wieder vergessen möchten

Zwei Augen
auf der Suche nach Wundervollem
Für die ein Wimpernschlag reicht,
um zu wissen, dass sie bei mir
nichts finden werden

Dabei haben sie mich nicht einmal
richtig angeschaut

Zwei Augen
Nur für den Bruchteil einer Sekunde
Es reicht
Reicht, um zu sehen,
was sie mir sagen wollen:

Mitleid
Verachtung
Angst

Ich kenne diesen Blick
Kein bisschen anders
als all die anderen

 
Zwei Augen,
die glauben, zu wissen

wer ich bin

Heimatglück, und doch nicht

Hanna Christel
2008

Heimatboden, Heimatglück,
Und ihr ruft, ich soll zurück.
Muttersprache, Heimatstadt,
Ihr sagt, ihr hättet Fremde satt. 

Grundschulfoto, Abschlussfahrt,
Erinnerungen, aufbewahrt.
Normales Leben, durchschnittlich.
Und leider eben doch auch nich‘. 

Ich liebe meine Stadt,
Meine Leben, dieses Land.
Und werd‘ von euch als deutsch,
Doch nicht anerkannt.

Eine kleine Geschichte der Stereotypen

Tonda Montasser
2011

Stereotypen in den Straßen, im Leben,

wollen als Wahrheiten 
sich in meinen Versen verstecken.

Ob man Rassismus bezeichnen kann
als Phobie, ist eine einfache, aber kritische Frage.

Kategorien und Beleidigungen kreieren
die eigentliche Zerstörung von uns selbst.

Feindlichkeit gegen andere scheint normal.
Lauert überall, auch bei denen, die sie selbst betrifft.

Massenhysterie folgt auf Homophobie,
hatespeech, der ganz normale Alltag:

Denn niemand anderes als wir
zerstört die Gesellschaft.  

Die Terrassenmassakerkinder versuchen,
den Wortschatz zu hüten,

suchen den Hass, um ihn auszulöschen,
doch überall in den Straßen lauern wieder

Stereotypen.

Lasst meine Reime in Ruhe

Amelia Schober
2007

Laut euch passe ich nicht in eure Reime.
Ich wäre ein einfacher Trochäus und ihr ein fünfhebiger Jambus.
Laut euch habe ich einen anderen Status.
Was ich davon halte, fragt ihr mich nicht.
Dabei bin ich ein genau so schönes Gedicht.
Wer von euch hat entschieden, dass ich anders bin?
Denn ich war es mit Sicherheit nicht.
Ich bin ein Meisterwerk so wie alle anderen Gedichte, Sonette oder Balladen.
Also warum sollten wir den anderen Opera schaden?
Jeder von uns ist zusammengesetzt aus einzigartigen Teilen.
Und wir alle haben unsere eigenen Zeilen.
Laut mir passt jeder in unsere Reime.

Schreibe, um zu träumen.