Unsere Gewinner*innen im Januar 2022

Wettbewerb im Januar 2022

„wie der neue raum“: Passend zum ersten Thema im neuen Wettbewerbsjahr ging es bei lyrix im Januar um neue Räume! Die titelgebende Zeile stammte aus einem Gedicht der Lyrikerin Birgit Kreipe. „die sonne streichelt tassen“ hieß es dort und wir haben euch gebeten, selbst „lyrische Sätze“ zu bilden und einen Gegenstand oder eine Person in einem Satz etwas tun zu lassen, was eigentlich gar nicht möglich ist. Auch der „neue raum“ aus dem Titel unseres Monatsthemas konnte aufgegriffen werden. Wir haben euch gefragt: Wie sieht dieser neue Raum aus? Passieren hier eventuell fantastische Dinge oder befindet sich der neue Raum in eurem Kopf?

Besonders der Gedanke des „neuen Raumes“ hat es euch angetan: Viele von euch haben ihre ganz eigenen neuen Räume lyrisch zum Leben erwecken lassen. Das sind Räume „irgendwo zwischen Realität und Traum“, die mal erdrückend, aber auch friedlich sein können, manchmal sind die Räume sogar ganze Länder, in denen einfach alles möglich scheint, und manchmal sind es Erinnerungsräume, in die jemand nach langer Zeit zurückkehrt und die plötzlich gar nicht mehr so sind, wie man sie vorzufinden hoffte. Einen Einblick in die Vielfalt der eingesandten Texte geben euch die Gedichte der sechs Monatsgewinner*innen! Wir gratulieren den Gewinner*innen der Altersgruppe 10 – 14 sehr herzlich! Marina Hammel, Konstantin Kosub, Thyra Kramer, Lenke Molnár, Tonda Montasser und Mona Ilena Schlegel, ihr konntet die Jury mit euren Texten diesen Monat besonders beeindrucken!

Abendgedicht

Marina Hammel
2009

Es war einmal in tiefster Dunkelheit,
in rabenschwarzer Nacht,
vor langer, langer Zeit.

In einem Ozean,
in dem die Fische sprachen,
in einem Land,
in dessen Meer ein Feuer brennt.

In einem Land,
in dem Vulkane Wasser speien
und sich jedes Mal ein Wunsch erfüllt.

Dort, wo im grünsten Dschungel
die wildesten Tiere tummeln,
wo der Tiger war und der Jaguar.

Schlangen sich winden und wo wir Vögel
und Schmetterlinge finden.
In bunten Farben
eine neue Welt erscheint.

In diesem Land,
die Menschen auf Elefanten reiten,
während neben ihnen Pferdeherden weiden.

In dieses Land
kommst du durch deine Träume,
kletterst auf die höchsten Bäume.

 
In ein Land der wildesten Geschichten,
wo du fliegen kannst und teleportieren lernst.
Siehst in die Unendlichkeiten
und kannst so lange wie du willst reiten.

Du siehst in der Dunkelheit
und kannst den Kopf einer Eule gleich drehen.
In diesem Land,
Fantasia genannt.

Geachtet sei die Träumerei und Fantasie,
denn dieses Land vergisst du nie.

 
Höre die fernen Klänge,
sieh die bizarren Lebensweisen,
du kannst sogar nach Japan reisen.

Hab keine Angst, du musst nicht bangen,
willst du dorthin gelangen.
Selbst wer hier vor Lachen schrie,
Fantasia vergisst dich nie.

Ende

Der Himmel schrie

Konstantin Kosub
2012

9.1.2022

Der Himmel schrie,
schrie von weit oben.
Als sich die Wolken vor ihn schoben,
da gab es einen Knall!
Was da oben vor sich geht,
Hat man von unten noch nie erspäht.
Doch von oben da kann man sehen
einen leeren Raum und wird dann gehen.

Zwischen Realität und Traum

Thyra Kramer
2007

Der Raum,
irgendwo zwischen Realität und Traum,
Eingebettet in Nebel ohne Sicht auf was dahinter liegt,
Als ob er mich beschützend in seinen Armen wiegt,
und geheim hält, was sich außerhalb befindet,
sich enger um meine Gestalt windet,
während er vorsichtig meine nackten Arme berührt,
meine feine Haut seinen kühlen, schwerelosen Atem spürt,

Ein Ticken, von weit her, fast aus einer anderen Welt,
die die neblige Umgebung erhellt,
gleichmäßig wie eine Uhr tickend,
leise, doch nicht in dem Nebel erstickend.
Es war als befänden sich unendlich viele Uhren in diesem Raum,
oder war es doch ein Traum,
als stünde ich zwischen Raum und Zeit,
so schwerelos und befreit

Eingebettet in Nebel ohne Sicht auf was dahinter liegt,
während er sich immer weiter an mich schmiegt,
mich plötzlich zu ersticken scheint,
hat er sich nun mit dem Ticken der unzählbaren Uhren vereint,
und nun wollte er sich auch mit mir verbinden,
war nicht fähig mich der so durchsichtigen Kraft zu entwinden,
und ich ergab mich schließlich dem Raum,
in Hoffnung er war nur ein erdrückender Traum.

Plötzlich kitzelte ein Sonnenstrahl mein bleiches Gesicht,
es erfüllte mein Herz, das warme Licht,
feuchter Rasen zwischen meinen Zehnspitzen,
auf ihm sah ich fröhliche kleine Marienkäfer sitzen.
Die ganze Wiese war mit den buntesten Blumen bestückt,
sie war mit unzähligen Farbtupfern geschmückt,
Nebel und Ticken plötzlich fort,
fort, fernab an einem anderem Ort,
stattdessen erfüllt nun ein entferntes Plätschern eines Flusses meinen Traum,
meinen Traum in diesem friedlichen und liebevollen Raum…

Mein Kleeblatt vermisst das Glück

Lenke Molnár
2009

Für ein gelungenes Kleeblatt nehme man
Sonne, die die Dunkelheit bemalt.
Leuchte hell! 
Wasser, in dem Träume schwimmen.
Tauche unter! 
Erde, die den Neuanfang kreiert.
Fang an! 
Saat, die der Koffer voller Wünsche ist. 
Pack aus!
Zeit, die es gedeihen lässt!
Warte ab!
Und eine Hand, die pflückt.
Nimm es! 

Die Kinder der Terrassen ohne Terrassen

Tonda Montasser
2011

I

Am Anfang waren die Kinder
der Terrassen ohne Terrassen.

Spielten in der Luft.
Sangen durch ihre Nieren.

Alle dreiviertel Stunde, dazwischen
machten sie Pause.

Wieder und wieder,
zur Belustigung der Elefanten.

Das war ihre Bestimmung.

II

Die intelligenten Hühner
waren damals nur Hühner.

Und die glücklichen Gurken
waren Sufis.

Kronos glaubte an Prophezeiungen
und fraß Kind um Kind.

Gaia versuchte, seine Opfer zu verstecken.
Metamorphose war nicht in Sicht:

Die Elefanten mussten weiter sitzen
und sich belustigen lassen.

III

Eine Gurke verlor
den Frieden mit sich selbst.

Wollte in einem Rudel sein
mit neuen Regeln.

IV

Weitere Gurken und einige Hühner
schlossen einen Vertrag.

Das erste Terrassenmassakerkind
ward genannt:

Istmiregalwasaberichkriegredbull.

 
Die kleine Louise folgte, dann Tom.
Dann Zom, dann Rom, dann Gem.

Dann der ganze Rest.
Rudel um Rudel entstand.

V

Die letzte war Anna
mit ihrem weißen Haar,

dem Grüntee, der Empathie
und ihrer Schleiereule:

Dichtung war wie ein Wasserfall.
Darüber ein Regenbogen.

VI

Die Kinder brachen auf
zu den Terrassen.

 
Dort fanden sie Nickbackbo
den Verscomedian.

Er hatte ein paar Feinde.
Nickbackbo sprach:

„Nur kämpfen, wenn es
absolut nötig ist“.

Manchmal hielten sich alle daran.
Manchmal nicht.

VII

So beginnt es:
Die Stille formt die Leere.

Die Leere formt das Licht.
Springt über die vierte Wand.

Dichtung stürzt
In deinen Kopf,

schenkt Leben,
gräbt sich ihren Weg. 

Kindheit

Mona Ilena Schlegel
2010

zurück gekehrt nach langer Zeit,
bin ich nun, und stehe hier,
im Raum von dem ich oft geträumt,
doch was er im Traum versprach zu sein,
das hielt er nicht, dacht ich doch, 
ich säh mich selbst hier wieder,
säh mich spielen, lachen, weinen,
doch find ich nur nach langer Zeit,
den Staub meiner Erinnerung, 
an diesen Raum, was er einst war,
in meinem Herz, das sich gewandelt,
wie der neue Raum.

Schreibe, um zu träumen.