Unsere Gewinner*innen im Dezember 2021

Wettbewerb im Dezember 2021

Die Monatsgewinner*innen in der Altersgruppe 10 – 14 stehen fest! Im Dezember 2021 haben die Gedichte von Nora Antonic, Johanna Glowacki, Oda Holzknecht, Tonda Montasser, Mia Josefine Ried und Anna Thelen unsere Jury besonders bewegt!
Wir gratulieren euch sechs herzlich!

Aufgerufen wart ihr im Dezember, das Schweigen zu belichten – ausgehend von einem Gedicht unseres Monatslyrikers Alexandru Bulucz. Wie sieht Schweigen eigentlich aus? Welche Facetten hat Schweigen? Kann man überhaupt schweigen? All das haben wir euch gefragt und waren gespannt, welche lyrischen Worte ihr für das Phänomen des Schweigens findet. Erreicht haben uns unter anderem Texte über die Stille in und mit sich selbst, „ruhig und friedlich, / irgendwie“, über das Schweigen zu zweit, das verdammt laut sein kann („[…] warte auf den Sommerregen, / Damit er dein / Schweigen übertönt und / Wegspült, / Bis wir beide nass sind vor Lärm.“) und über das Schweigen zu Missständen auf unserer Welt („Umweltnot die Welt bedroht / Ruhe / Stille / Schweigen“). Für weitere Einblicke in die Vielfalt der eingesandten Texte lest im Folgenden die sechs Gewinner*innentexte! Wir danken allen für ihre Einsendungen im Dezember 2021 und freuen uns auf mehr Gedichte von euch!

Leises Schweigen, laute Stille

Nora Antonic
2007

Sie trifft auf meine Ohren
auf.
Ohrenbetäubend schmettert sie auf mein Trommelfell
ein.
Laut ist sie, zerrend, klirrend,
schmerzhaft.
Ich breche unter ihr
zusammen.
Kann ihr nicht mehr standhalten.
Sie ist zu
stark.
Viel zu, viel zu
stark.
Kann ihr nicht standhalten.
Während sie sich auf meine Ohren
presst.

Die Stille meiner selbst.

Ruhig und friedlich,

irgendwie.

Signal expediert; zu viel… alles zu viel

Johanna Glowacki
2007

Licht, Licht, es werde Licht, ich will dein Schweigen belichten –
Lichten, du lässt den Schleier verdichten, den, der dein Gesicht bedeckt.
Die Kanten deines Wortverzichts sind schärfer, schneiden tiefer als jedes Wort, das du mir täglich an den Kopf wirfst. Nun sprich!

Erst schlägst du mich mit Worten, dann trittst du mich mit Schweigen. Wo ist die Balance?
Obgleich du schweigst, demonstrierst du mir deine Macht. Deine Iris bohrt sich in mein Herz? Goldenes Blut fließt aus seinen Kratern! Nonverbale Kommunikation
per Definition.

Und [wir] vom Strom erfasst.


Fokus auf deinen Mund, Sprechapparat, Essensschlund, Liebesnest, Wortspeicher; alles ohne Worte.            Es gab so viele Orte, an denen wir uns mit Worten sabotierten, verliebten, ins Stöhnen gerieten.
Nun ist es eisig – kalt. Ich bin von Einsamkeit erfüllt, seit du nichts mehr sagst, wiege ich mich hin und her, vor zurück, in nie endenden Kreiseln. Und das alles in meinem Kopf, während mein Sehnerv sich spannt und ich mir ein Lächeln abkämpfe.  Seite an Seite, Haut an Haut

sind [wir] beieinander.

Dann dringst du ein, in die intimste Stelle meines Körpers – meinen Kopf. Hältst meinem Blick stand,
weißt mich zu              z e r s t ö r e n.
Alles, was wir uns aufgebaut hatten, fällt wie ein labiles Gerüst in sich zusammen, in nur 4:23 Min. Innerhalb eines Tages, in einem Wimpernschlag.
Und ich weiß, ich habe dich verloren.

Du schaust mich nur weiter an,

ich weg,

und

[wir] weinen unter stummen Schreien.

Wer schweigt, stimmt zu

Oda Holzknecht
2006

Hungersnot die Welt bedroht
Ruhe
Stille 
Schweigen

Coronanot die Welt bedroht
Ruhe
Stille
Schweigen

Umweltnot die Welt bedroht
Ruhe
Stille
Schweigen

Ein Rückgang der Profite droht
Empörung
Aufruhr
Schreien

Beim Styx

Tonda Montasser
2011

Louise ist für die Stille allein.
Die goldene Stille.

Die Sprossen des Dickdarms der Einsamkeit
sind ein Geschmack in ihrem Mund.

Nickbackbo sucht nicht mehr den Kampf.
Schweigend legt er sich hin und vergisst.

Die Stille ist golden und wegweisend.
Sie zerstört das Chaos im Innern.

Chom riecht an Eisenhut, weil er eins sein will
mit dem violett-gelben Speichel des Zerberus.

„Beten hilft nicht, niemand wird mir vergeben“,
schreit Istmiregalwasaberichkriegredbull sich selbst an.

Doch die Stille gewinnt. Die Dunkelheit ist im Fluss
der Verdammnis gestorben.

Reaktionen der Massen brauchen die Terassenmassakerkinder
nicht mehr, denn die Einsamkeit ist frei.

Schweigen

Mia Josefine Ried
2007

Du fragst mich was, ich weiß es nicht.
Ich schweige.

Du sagst mir was, ich sage nichts.
Ich meine, wofür hältst du dich?

Du schimpfst mich aus, ich hör dich nicht.
Ich streike.

Du schreist mich an, ich schreie nicht.
Ich leide.

Du gehst hinaus, ich gehe nicht.
Ich bleibe.

Sommerregenlärm

Anna Thelen
2007

Licht bringen
In die Dunkelheit deines Ozeans.

Stürme bezwingen
Gefangen in deinem Herzen.

Mauern erklimmen,
Die du gebaut hast um dich selbst.

Schweig nun, mein Kind.

Die Welt ist laut,
Doch du hast Mauern erbaut
Gefangen ist der Sturm dahinter
Und was nach außen dringt
Ist Schweigen
Es füllt mich und dich, 
Bis wir voll sind von Schweigen,
Kein Platz für Stürme,
Nur die in deinem Kopf.

Und ich sitze hier
Neben dir
Und warte auf den Sommerregen,
Damit er dein
Schweigen übertönt und 
Wegspült,
Bis wir beide nass sind vor Lärm
Nur noch bleiche Erinnerungen an das,
Was einmal war.

Schweig, mein Kind
Die Welt, sie hat uns gefunden.

Schreibe, um zu träumen.