Wettbewerb im April 2025
Sprecht ihr anders als eure Eltern oder Lehrer*innen? Bestimmt gibt es Wörter, Ausdrücke oder Sätze, die ihr ganz selbstverständlich benutzt, aber die bei Erwachsenen zu ratlosen Blicken führen. In diesem Monat wünschen wir uns von euch Gedichte, die genau so klingen, wie ihr – und nur ihr – sprecht! Alle Wörter gehören euch!

Millenial, Generation Z, Generation Alpha – ungefähr alle 15 Jahre geschieht ein Generationswechsel. Laut dieser Abfolge wärt ihr eurem Geburtsjahr entsprechend Teil der Generation Alpha, geboren mit Smartphone und Tablet, werteorientiert und lernbereit, aber auch schnell gelangweilt und wenig konzentriert. Unabhängig davon, ob einer*m solche pauschalen Zuordnungen gefallen und passend erscheinen: Unbestritten ist, dass jede Generation unter bestimmten gesellschaftlichen Gegebenheiten aufwächst, die sie prägen. Und abhängig davon entwickeln Kinder und Jugendliche beim Aufwachsen ihre ganz eigenen Codes, Gesten – wie zum Beispiel das Gen-Z-Herz, das ihr rechts seht – und ihre eigene Sprache, auch um sich von den Erwachsenen abzugrenzen. Nicht selten treffen sie dabei auf Vorurteile aus der Erwachsenenwelt: Die Jugend könne nicht mehr „korrekt“ sprechen und schreiben, sie sei weniger respektvoll, sei faul. Mit genau diesen Vorurteilen waren allerdings auch schon eure Eltern konfrontiert. Vielleicht mögt ihr sie mal danach fragen und dabei auch herausfinden, welche Wörter es damals gab, die sie untereinander verwendet haben und die von den Erwachsenen nicht verstanden oder kritisiert wurden?
Von Verständnisproblemen in einer besonderen Kommunikationssituation erzählt auch das Gedicht, das wir euch diesen Monat vorstellen. In dem Text „GOAT Talks“ von Verena Stauffer wird nahezu Unmögliches versucht: Das lyrische Ich versucht mit einer Ziege zu reden, die zu allem Übel auch noch tot ist. Da die eigene Sprache offensichtlich nicht funktioniert, probiert das lyrische Ich eine andere, ihm*ihr fremde Sprache aus und verwendet hierfür Elemente der Jugendsprache. Und plötzlich scheint es zu klappen und das lyrische Ich erhält „1 neue Nachricht von [der Ziege], wie cool, Bro“. Was die ihr*ihm wohl sagen will?
Cringe, lost, smash, lit, sus, bodenlos, Macher, Aura – Sind das Wörter, die ihr verwendet? Schickt uns im April Gedichte in EURER Sprache. Ihr dürft dabei alle Wörter benutzen, die ihr wollt, auch wenn sie Erwachsenen vielleicht nicht gefallen. Wie sprecht ihr mit euren Freund*innen? Wie wechselt ihr vielleicht die Sprache, wenn ihr dann mit euren Eltern sprecht? Ihr dürft gern auch übertreiben und „zu viel“ Jugendsprache benutzen, euch vielleicht über Vorurteile lustig machen. Wir sind sehr gespannt, was euch zum Thema „dein inneres Licht, yo“ einfällt!
GOAT Talks
Ein Wandern am schroffen Strand, zwei Füße Verstand
Bewegen sich weg von den andern. Wildheit, offen
Was liegt plötzlich da, im Zerklüfteten? Leib, Leichnam
Abseits der Zivilisation, nah am nassen Rand des Ozeans
Ein Affe im Sand. Lebt er, schläft er? Zitternd nah ran
Braunes Fell, trockene, zu Leder gewordene Haut
Hauch des Meereswinds, Salzatem. Hin zu ihm
Die Augen geschärft. Wer liegt da, die Beine gen Himmel?
Du, tote Ziege. Körper im Vergehen. Ewige Seele
Was immer auf der Erde passiert, ich bin da
Zieh mich aus, leg mich neben die Ziege, bin da
Ihr Blut gesickert ins Tiefe sich mit meinem verband
Was immer auf der Erde passiert, ich sehs klar
Ich bin da, GOAT, ich sehs klar, GOAT, ich sehs
Rote Striemen, weiße Flecken, blaue Fahrer
Picasso legts dar, ein Ziegenbauchei, ja
An der Höhlenwand, Hieroglyphen der Zeiten, Gebet
Sags mir, GOAT, Ziegengöttin, ich bin da
Nicht weit entfernt entscheiden Präsidenten
Zünden Raketen, zielen in Herzen
Mauern zerbersten mit den Geliebten
Ziege, bitte, Liebenswerte, sag klar, legs dar
Die Ziege wendet sich am Screen mir zu, oh
1 neue Nachricht von ihr, wie cool, Bro
Sie sagt: Glaub an dein inneres Licht, yo
Glaub an den Lauf der Geschicke, glaub an die Brücke
Ich liebkose dich virtuell, Ziege
Es kommen immer die falschen zu mir, GOAT
Ich hol mir immer die falschen ins Boot, GOAT
Dann schicke ich sie fort, GOAT
Weil ich dich will, GOAT
Sag mir, was soll ich tun, Ziege
Sag mir, wie kommt es, dass ich die besten aller Zeiten
Verliere. So dass ich am Ende
Auf deinem Leichnam liege
Mäck, Mäck, Mäck, hör ich dich von fern
Ich verstehe. Auf der Brücke geh ich auf mich selbst zu
Werde die am Horizont sich senkende Sonne, yo
Das Becken, in dem das Meer schwimmt, bro
Der Bogen am Himmel, die Salzwüste Persiens
aus: Verena Stauffer, Kiki Beach, Kookbooks, Berlin 2025
Über die Lyrikerin

Verena Stauffer
Geboren am 8. Februar 1978 in Kirchdorf an der Krems, aufgewachsen im oberösterreichischen Molln. Studium der Philosophie an der Universität Wien. Absolventin der Leondinger Akademie für Literatur und der Lyrikkritikakademie des Hauses für Poesie zu Berlin. Mitglied im Literaturverein Manuskripte. Lebt in Wien. Als Max-Kade-Stipendiatin hielt sie 2021 eine Gastprofessur für „creative writing“ am Liberal Arts College Allegheny, in den USA. Ihr Gedichtband Ousia, Kookbooks 2020, war 2020 für den österreichischen Buchpreis nominiert. Zuletzt erschienen:
Kiki Beach, Kookbooks Berlin, 2025.
Publikationen:
2014 erschien ihr Lyrikdebut „Zitronen der Macht“, bei hochroth Wien
2018 ihr erster Roman „Orchis“, bei Kremayr & Scheriau, Wien
2020 „Ousia“, Gedichte, Kookbooks, Berlin
2021 „Geschlossene Gesellschaft“, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt
2025 „Kiki Beach“, Gedichte, Kookbooks, Berlin