Es beginnt der Tag

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Wettbewerb im Juni 2025

Stellt euch vor: Die Sonne scheint, ihr wacht auf, die Sommerferien beginnen – und ihr denkt: „Jetzt starte ich durch!“ Vielleicht wollt ihr endlich ein neues Hobby ausprobieren, euer Zimmer umgestalten oder ein Buch schreiben. Oder ihr habt euch vorgenommen, im neuen Schuljahr gleich von Anfang an super organisiert zu sein. Klingt gut, oder?

Foto von Jon Tyson auf Unsplash

Ein Anfang ist wie eine frische Seite in einem Notizbuch. Alles ist möglich! Anfangen bedeutet: Man kann etwas Neues entdecken, etwas anders machen, etwas Großes schaffen oder einfach Spaß haben. Habt ihr schon mal einen Neuanfang erlebt? Vielleicht in einer neuen Klasse? Nach einem Umzug? Oder wenn draußen im Frühling alles zu blühen beginnt? Solche Momente tragen oft eine besondere Magie in sich. Man ist aufgeregt, neugierig, ein bisschen nervös und voller Ideen.

Was habt ihr euch für die Sommerferien oder das kommende Schuljahr vorgenommen? Was immer es ist: Ihr müsst nicht alles sofort machen. Und hier kommt ein ziemlich spannendes Wort ins Spiel: Habt ihr schon mal von Präkrastination gehört? Wahrscheinlich kennt ihr „Prokrastination“ – das bedeutet, Dinge aufzuschieben. Zum Beispiel: Hausaufgaben bis zur letzten Minute liegen lassen. Präkrastination ist das genaue Gegenteil. Es bedeutet, dass man Dinge sofort erledigen will. Einfach, um sie loszuwerden.


Manchmal fangen wir zu früh mit etwas an, nur weil wir den Punkt von unserer To-do-Liste streichen wollen. Dabei ist es gar nicht der beste Zeitpunkt. Oder wir denken nicht richtig darüber nach, ob wir etwas wirklich tun wollen – wir wollen es einfach nur schnell hinter uns bringen. Klingt stressig, oder? Wenn ihr mehr über das neue Phänomen der Präkrastination erfahren wollt, hört gerne mal in diese Ausgabe des Ideen-Podcasts „Smarter Leben“ des SPIEGEL rein.

Anfangen ist gut, aber es darf ruhig überlegt sein. Es ist okay, sich Zeit zu nehmen. Zu planen. Sich zu fragen: Warum will ich das anfangen? Was brauche ich dafür? Wie kann ich loslegen – aber in meinem Tempo? Denn nicht jeder Anfang muss hektisch sein. Manchmal ist es klüger, sich vor dem ersten Schritt Zeit zu nehmen. Was aber, wenn wir den Start eines (Neu-)Anfangs nicht selbst bestimmen können? Wenn ein neuer Anfang aufgrund von tiefer Trauer oder gesellschaftlichen Veränderungen nötig und nicht frei gewählt wird?

Ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, wie aus tief empfundenem Schmerz neue Anfänge entstehen können, ist Anjas Utlers Lyrikband Es beginnt. Trauerrefrain., für den sie 2024 mit dem renommierten Peter-Huchel-Preis ausgezeichnet wurde. Entstanden als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, verarbeitet Anja Utler in 209 kurzen Gedichten ihre Erschütterung über den Verlust eines vertrauten Weltbilds. Jedes Gedicht – eines zeigen wir euch weiter unten – beginnt mit der Zeile „Es beginnt der Tag“, die wie ein Refrain wirkt und den ständigen Neubeginn des Tages betont. Diese Wiederholung betont die Unausweichlichkeit des Tagesanbruchs, selbst in Zeiten tiefster Trauer. Anja Utler zeigt, wie etwas, das einmal geschehen ist, in alle neu versuchten Anfänge eingeschrieben ist. Dabei wird deutlich, dass jeder Neubeginn nicht nur Hoffnung, sondern auch die Last der Vergangenheit in sich trägt.

Welche (Neu-)Anfänge stehen euch bevor oder plant ihr für euch selbst? Habt ihr etwas Neues für die Ferien oder das neue Schuljahr vor? Wo habt ihr schon einmal entscheidende Anfänge erlebt? Seid ihr umgezogen oder habt die Schule gewechselt? Liegt für euch eine Magie im Anfangen? Möchtet ihr immer direkt loslegen oder schiebt ihr Neuanfänge eher auf? Habt ihr schon mal aus einer traurigen Situation einen positiven neuen Anfang geschafft? Wir freuen uns auf eure Gedichte rund um das Beginnen, neue Anfänge und eure (un-)passenden Zeitpunkte für das Anfangen!

[Es beginnt der Tag]

Anja Utler

Es beginnt der Tag
bevor der letzte endet.

aus: Anja Utler, Es beginnt. Trauerrefrain, Edition Korrespondenzen, Wien 2023

Über die Lyrikerin

Anja Utler, Foto: Aleksandra Pawloff

Anja Utler
Geboren 1973 in Schwandorf, lebt in Leipzig. Auszeichnungen (u. a.): Leonce-und-Lena-Preis für Lyrik 2003, Basler Lyrikpreis 2014, Heimrad-Bäcker-Preis 2016, Thomas-Kling-Poetikdozentur 2018, Lyrikpreis der Südpfalz 2020, Ernst-Meister-Preis für Lyrik 2021, Ernst-Jandl-Preis für Lyrik 2023, Peter-Huchel-Preis 2024.


Lesung und Schreibimpulse zum Monatsthema von und mit Anja Utler